Freies Gekritzel

Emily Dickinson ist tot

Leider ist sie das, wie ich kürzlich erfuhr. Was meine kläglichen Versuche von Alltagslyrik beweisen, die größtenteils zwischen Kaffee und Kaffee durch die Gehirnlappen brühen.
Und immer an den Jambus denken.

Blue Finger Blues
Ich bekomme blaue Finger,
ganz beklommen sind die Dinger,
hätt' ich mal auf dem Rechner geschrieben,
wär mir das erspart geblieben.
Die Feder
Ich versuch noch mal zu schreiben,
in die Hände spucken, reiben.
Schon kratzt die Feder das Papier,
was für ein Geschmier, hier!
Brrrr!
Probier ich mal 'nen Schüttelreim,
Oh mann, was für ein Rüttelschleim,
muss ich mich mal weiterschlagen,
ruhig auch mal das Scheitern wagen!
Eine Frage der Kunst
Die Frage ist bei jeder Kunst,
wird's was oder wird's verhunzt?
Was sollen all die blöden Fragen?
Werd Dich packen, werd Dich jagen,
unter Umständen Dich schlagen.
Hast Du jetzt noch weitere Fragen?
Muße mit Mundgeruch
Muße hat mich heut' geküßt,
so treibt mich heute das Gelüst,
auf alles meinen Reim zu machen,
auf das ich keinen machen kann,
  und dann und wann
  frag ich, wie's begann.
Ach ja, die Muße war's, die Hübsche,
obwohl, so hübsch war sie wohl nicht,
hatt' ich die Brille im Gesicht?
       Wohl nicht!
Unter genauerer Betrachtung
leidet geradewegs die Achtung.
Seerohrtiefe
Vorsicht, jetzt geht's in die Tiefe,
  wir tauchen ab,
   ich lach mich schlapp.
Schreiben, reimen, Prosa bei der es triefe,
das Taschentuch, in das man schniefe,
   nicht meine Masche
zurück in die Tasche!
Albernheit, Dadaismus, Swing,
schon eher mein Ding,
   denn unter seiner Oberfläche,
ich bezieh mich auf die erste Zeile,
ist's, wo ich gern verweile!
Going down
Apropos verweilen,
diese Zeilen,
ich muss eilen,
an ihnen feilen,
Text abseilen
beeilen
mental heilen
Feder heiß
   was fürn Scheiß!
Mir ist kalt,
bis bald.
Heizung andrehen,
dann weitersehen!
Guillotine
Druckbuchstaben
  haben
den Vorteil
     der Schrift,
sie verursachen keine Gicht!
Denn was wir lernten in der Schule,
ist, wie wir wissen, nichts für Coole,
 das sei gesagt,
 und wer es wagt,
 was anderes zu behaupten,
den sollte man enthaupten
    seine Liebe
zum Schreibschriftbetriebe.
Montag
Wild kratzen,
wenig schwatzen,
herunterstürzen,
leidlich würzen
mit der Feder Tinte
  Zeichen werden Gleichgesinnte.
Semantik, Syntax, was weiß ich?
 mache leidlich Strich für Strich,
hier auf dem Papier mit dem Füller,
   nicht so der Knüller,
saftige Ideen verkommen zu Moder,
auf dem Blatt, heut' ist Montag, oder?
Die Gretchenfrage
Wie überall ist hier
Kaffee mein eigentliches Elixier
und wie der Geist, der stets verneint,
ist mir Tee, so wie es scheint,
 sobald sein Dampf mir in die Nase weht,
wert, dass er zugrunde geht!
Polysaccharose-Neuronen-Neurose-Schose
Tinte zieht aus der Feder wie aus der Vene Blut,
Zucker auf weißer Cellulose krümelt und tut gut,
Gedanken ohne Süßstoff kristallisieren,
auf Papier kondensieren,
kognitive Schübe so krass,
Heut' ist Dienstag, was?
Wie's wohl weitergeht mit dem Synapsenbrei,
Bekomm nen Schock, Diabetes Typ Zwei.
Brauch' Insulin, da geht nix drauf,
Zieh' ne Spritze voll mit Netflix auf. 
Das alptraumhafte Alp-Kalb oder das wundersame Wiedergeburts-Wochenende
Was wäre, wenn mein Tageswerk,
    beständig und im Fluß,
nichts weiter wär als vages Werk,
unstetig, ohne Schluß?

Vor mir läge ein riesig Berg,
ein albtraumhafter Alp,
nichts weiter wäre ich als Zwerg,
ein angestelltes Kalb.

Am Montag rauf und Freitag runter,
den Gipfel donnerstags berührt.
am Samstag, Sonntag entgegen munter,
der Pfad, der mich zur Schlachtbank führt.
Mittwoch
Mittwoch, drittklassiger Arbeitswochentäter,
kommst zu früh für gut, bist zu schlecht für später.
Einer von Sieben, leugnest Du Ihre Namen,
Sechs von Sieben Dich in ihrer Mitte haben.
Doch morgen folgt der Donnerstag,
ein Tag, den ich viel lieber mag,
  und Freitag erst und Wochenende,
          und dann die Wende.
              Ja, und dann?
Neue Tage kommen, alte gehen
Mittwoch, wir werden uns wiedersehen!
Emily Dickinson ist tot
Ich erfuhr es aus der Zeitung
oder war's das Internet,
sie starb wohl in Begleitung,
starb leise und adrett.

Die Welt kannte sie nicht sehr gut,
sie umgekehrt dafür sehr gut.

In ihrem Zimmer auf dem Land,
in ihren Zeilen, die sie schrieb,
erschuf sie Welten so gewandt,
die Welt, die ihr verschlossen blieb.

Die Seele floß ihr aufs Papier,
und floß von dort und floß von hier,
sie floß durch Wälder, Wiesen heiter,
durch Flüsse, Felder und so weiter,
doch irgendwann dreht sie sich um,
sie schaut zum Zimmer, schaut zurück,
sie hört die Bienen um sich summen,
so steht sie dort und voller Glück
kehrt sie nicht um.

Ich weiß, ich hab' ne lange Leitung,
wenn ich dran denke, werd' ich rot,
las ich erst kürzlich in der Zeitung,
Emily Dickinson ist tot!

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